Chicás Schicksal...
in Auf den Pfaden der Vergangenheit... 05.03.2013 21:47von Chicá • | 328 Beiträge
Du willst wissen, wie ich zum DNA-Wolf wurde, fragst nach der Geschichte, die mich zu dem machte, was ich heute bin? Nun, dann will ich sie dir erzählen, aber sei gewarnt. Sie ist blutig und auch voller Entbehrungen…
Alles begann, bevor die Menschen damit anfingen Gott zu spielen und die Wölfen noch einfach Tiere, ohne besondere Fähigkeiten waren.
Ich wurde, wie die meisten Wölfe in ein Rudel hineingeboren. Mein Name war damals noch Chicá gewesen. In meinem Rudel hatte ich, zusammen mit meiner Schwester Lyvana eine glückliche und behütete Kindheit geführt, bis zu diesem Tag…
Es war Sommer und ich lag auf einem weichen Moosbett in der Sonne und genoss die Wärme. Mein Bauch war gerundet und ich konnte das sanfte Strampeln der Ungeborenen in mir spüren. Ein Herz füllte sich jedes Mal voller Glück, wenn ich sie spürte. Meine ersten Jungen! Noch wenige Wochen, dann wäre es soweit. Sukomu kam auf mich zu. Das Lächeln in seinem Gesicht strahlte, wie die Sonne, die auf meinen Pelz schien. Er schleckte mir liebevoll über die Nase und fragte: „Na mein Schatz, wie geht es dir? Was machen die Kleinen?“
„Sie strampeln und bewegen sich, als wollten sie schon heute geboren werden“, lachte ich, „Ich glaube, es ist bald so weit.“
„Ich kann es kaum erwarten“, sagte Sukomu und übergoss mich mit seinem liebevollen Blick.
3 Wochen später lag ich in den Wehen. Ein gigantischer Schmerz, durchzuckte meinen Unterleib, doch er wurde gedämpft von der puren Vorfreude. Das erste war schon draußen, ein Mädchen! Noch einmal presste ich, dann war es vorbei. Nun hatte auch der Bruder der Kleinen das Licht der Welt erblickt.
Mein Jungen, ich konnte es kaum fassen. Mein Herz quoll über vor Freude. Sukomu hatte sich um mich herum zusammengerollt. Und leckte zärtlich mein Ohr. „Unsere Junge… kannst du das glauben?“, fragte er und fügte dann noch hinzu: „Sie sind wunderschön.“
„Ja“, hauchte ich und begann vorsichtig Fruchtwasser und Nachgeburt von den beiden Kleinen zu lecken.
Ich war gerade in einen dämmrigen Erschöpfungsschlaf gefallen, als ein lauter Knall mich aus meinem Traum riss. Erschrocken sprang ich auf. Was war das!? Viele Stimmen riefen panisch durcheinander.
Ich rannte aus der kleinen Höhle, in der ich vor wenigen Stunden meine Lieblinge zu Welt gebracht hatte und das Erste, was ich erblickte waren Sukomus blaue Augen, die leblos ins Leere starrten. Blut sickerte aus einer kleinen Wunde, färbte sein Fell purpurn und sammelte sich um seinen reglosen Körper.
Ich schrie, schrei so laut ich schreien konnte und dann sah ich sie. Menschen! Nie zuvor hatte ich die Zweibeiner mit eigenen Augen gesehen, aber schon viel von ihnen gehört und so wusste ich sofort, dass es Menschen sein mussten. Sie hatten komische Rohre dabei, aus denen ein Feuerblitz schoss und wenn sie auf einen damit zielten, dann war man des Todes. Später sollte ich lernen, dass man diese Dinger Gewehre nannte und noch viele andere Dinge.
Auf einmal stand einer der Zweibeiner vor mir und zielte direkt mit einem Gewehr auf mich. Ich dachte schon es sei jetzt vorbei mit mir. Meine Jungen! Was sollte nun aus ihnen werden!?
Ein Schuss löste sich, doch ich spürte nicht das schneidende Brenne, das ich erwartet hatte, sondern einen kleinen Pieks. Ein gefiederter Pfeil steckte im Oberschenkel meines rechten Hinterbeines. Fast augenblicklich wurde ich müde und der Mensch bewegt sich auf die Höhle meiner Jungen zu. Ein leises Wimmern und Fiepen drang daraus.
„Seid still meine Lieblinge, bitte seid doch still, dann entdeckt er euch vielleicht nicht!“, flehte ich, doch es war vergebens.
Der Mann griff mit seinen langen Armen in den Bau und packte meine beiden kleinen am Kragen. Ich wollte aufspringen, ihm die Kehle zerreißen, doch ich konnte nicht! Mein Körper war schwer wie Blei. Was hatten die mit mir angestellt?
Ich musste beobachten, wie das Monster auf zwei Beinen meine Jungen lieblos zu Boden fallen ließ. Zwei kurze Schüsse aus einer anderen Waffe. Diesmal keine Pfeile, sondern Kugeln.
„Euch brauchen wir hier nicht, ihr seid zu jung!“, drangen die Worte seltsam tonlos aus seinem Mund.
Das letzte was ich sag, bevor die Ohnmacht mich übermannte war das Bild meiner beiden Lieblinge, wie sie in ihrem eigenen Blut auf dem straubigen Boden lagen, die jungen Leben bereits aus ihren Körpern gewichen. Mir brach das Herz…
Verwirrt wachte ich auf. Ich befand mich in einem großen Käfig, der sich langsam vorwärts bewegte. Viele andere Wölfe waren mit mir darin eingesperrt und weiter vorn sah ich weitere Käfige, die auf seltsame Dinger mit runden Scheiben aufgeladen waren. Später sollte ich erfahren, dass es Autos waren. Die ölfe, die mit mir eingesperrt waren sahen anders aus, als ich es gewohnt war. Die Braun-, Grau-, weiß- und Schwarztöne der Natur waren größtenteils verschwunden und gelleren, unnatürlichen Farben gewichen.
Als ich meine Spiegelung in einer kleinen Pfütze auf dem Boden erkennen konnte schrak ich zurück. Mein halber Körper war mit eigenartig leuchtenden, grünen Mustern übersät, die das satte Schwarz meiner natürlichen Fellfarbe verdrängt hatte. Das befremdlichste jedoch war, dass ich mich selbst aus ROTEN Augen anblickte.
„Was… Was ist hier geschehen!?“, fragte ich ängstlich und verwirrt.
Ein alt wirkender, grauer Wolf mit rotem Muster blickte mich ernst an und sagte: „Das haben uns die Menschen angetan. Sie wollen uns für ihren Krieg benutzen. Wir sollen für sie kämpfen. Jeder von uns besitzt nun eine besondere Fähigkeit.“
Noch immer verwirrt blickte ich ihn an: „und was ist meine?“
„Das weiß keiner, aber besser du findest es schnell heraus. Wenn nicht, wirst du auf dem Schlachtfeld sterben“, sagte er bitter.
Meine Augen wurden groß vor Schreck. Was!? Ein Schlachtfeld, Fähigkeiten, streben!? Das war zu viel für mich. Ich zog den Schwanz ein und ging rückwärts, bis ich gegen das hinter mir liegende Käfiggitter stieß. Ich rollte mich ganz klein zusammen und versuchte zu denken, doch die Gedanken verschwommen ineinander. Dazu gesellten sich die Bilder von meinen zwei kleinen. So viel Rot in ihrem Fell.
Starr blickte ich ins Leere und keine wagte mich an zu sprechen, mich aus meinem Schock zu reißen.
Ich kann bis heute nicht sagen, wie viel Zeit verging, ob es Sekunden war, Stunden oder Tage. Jedenfalls hielten die Autos plötzlich an und die Käfige wurden geöffnet.
Der Fremde Alte kam an mir vorbei und wisperte mir zu: „Hey, mach nicht den Fehler fliehen zu wollen, die Menschen würden dich erschießen. Tu, was sie von dir wollen, ich meine es nur gut mit dir“, dann war er an mir vorbei und ich sollte ihn nie wieder sehen.
Wie mir gesagt wurde trottete ich aus dem Käfig.
Mein Kopf war leer. Kein Gedanke befand sich mehr darin und so fühlte ich auch, denn ich fühlte nichts mehr. Als hätte ein Sturm meine Seele aus mir gefegt.
Das nächste an das ich mich erinnere ist, dass ich neben hunderten von Wölfen und Menschen, aber auch Großkatzen und anderen Raubtieren auf einem großen Feld stand. Uns gegenüber, viele hundert Meter standen mindestens genauso viele Lebewesen.
Vor mir auf der Erde lag ein Stein. Und plötzlich spürte ich, dass diese aus mehr bestand als nur fester Erde. Ich fühlte geradezu die Präsenz der Atome aus denen er bestand und versuchte sie dann auseinander zu nehmen. Der Stein zerbarst mit einem leisen Geräusch und ich kannte nun meine Fähigkeit. Ein verhängnisvolle Entdeckung.
Ein Schuss ertönte und die Tiere und Menschen um mich herum und auf der anderen Seite des Feldes begannen zu rennen. Ich blieb erst stehen, bis eine Fähe an mir vorbei lief, die ich schon einmal im Käfig gesehen hatte. „Lauf! Renn los und töte!“, sagte sie eindringlich zu mir und überholte mich dann. Ich folgte ihrem Rat. Erst mit meinen Zähnen und Krallen, wie ich es immer getan hatte. Ich spürte Fleisch zerreißen, Knochen bersten und heißes Blut, dass auf mein Fell spritze.
Unerwartet flog ein großer, gegnerischer Löwe auf mich zu und warf mich zu Boden. Er hob die mächtige Pranke und holte zum tödlichen Schlag aus.
Instinktiv konzentrierte ich mich auf die winzigen Atome, aus denen sein Körper sich zusammensetzte. Ich versetzte sie in Schwingung, konnte spüren, wie die Verbindungen auseinander rissen und plötzlich flogen nur noch Fetzen von Fleisch und elfenbeinfarbene Knochensplitter überzogen mit zähflüssigem, dunkelrotem Blut um mich herum. Ich keuchte und schüttelte mich. Ein grauenhaftes Gefühl, aber ich war am Leben!
So kämpfte ich mich durch die Gegnerischen Reihen. Ich hasste es, doch mein Überlebenswille trieb mich an, als auf einmal ein dunkelgraues, vertrautes Gesicht vor mir auftauchte, das mir doch fremd erschien. Die einstmals bernsteinfarbenen Augen waren grün verfärbt und die Hälfte des Körpers war mit Schuppen, statt mit Fell überzogen. Trotzdem, ich erkannte sie. Wie hätte ich auch meine eigene Schwester nicht wiedererkennen können!?
„Chicá“, sagte sie und blieb stehen. Auch ich stand da, wie angewurzelt. Hinter mir erschien ein Mensch: „Töte Sie!“, brüllte er mich an und zeigte mit der Waffe auf Lyvana. Dann bedrohte er mich damit und ich verstand, dass er mich töten würde, wenn ich es nicht tat.
Das gleiche geschah auf der anderen Seite mit Lyvana. Auch hinter ihr stand ein Mensch. Sie zögerte: „Ich kann dich nicht…“, mit diesen Worten und einem kummerverzerrten Gesicht flog sie in die Luft und ein Nebel von Blut und zerfetztem Gewebe versperrte die Sicht für kurze Zeit.
Nein! Was hatte ich getan!? Ich hatte meine eigene Schwester umgebracht, während sie mir versucht hatte zu sagen, dass sie mich nicht töten würde!
Ein Heulen drang aus meiner Kehle, markerschütternd und alle Wesen in meiner Umgebung teilten das Schicksal meiner Schwester, egal ob „Freund“, oder Feind. Dann brach ich zusammen.
Als ich wieder erwachte befand ich mich in einem Gebäude, das wohl ein Labor sein musste. Infusionsschläuche und Nadeln lagen um mich herum und eine steckte noch im meiner rechten Vorderpfote. Mit den Zähnen zerrte ich sie heraus und etwas Blut sickerte in das schwarze Fell.
Die Fenster in dem Raum waren eingeschlagen. Ich befand mich im Erdgeschoss und konnte von drinnen beobachteten, wie Wölfe und andere Raubtiere mit irrem Blick gegen Menschen und andere Wölfe und Raubtiere kämpften.
Ein gedrungener Wolf sprang durch das Fenster und versteckte sich hinter der Wand. Er stieß einen leisen Schreckensschrei aus, als er mich sah. Dann beruhigte er sich jedoch, als er bemerkte, dass meine Augen nicht im Wahnsinn funkelten.
„Was passiert hier?“, fragte ich ihn. Er sah mich erst ungläubig an, begann dann jedoch leise zu erzählen: „ Viele haben die Kämpfe in den großen Heeren nicht verkraftet und sind wahnsinnig geworden. Sie sind in eine Art Raserei verfallen und töten nun alles, was sich bewegt.
Die Menschen tun es ihnen gleich, denn sie können nicht erkennen, wer von uns rasend ist und wer nicht.“
Wieso war ich eigentlich immer die letzte, die soetwas erfuhr!?
ich bemerkte einen roten Punkt auf der Brust des Unbekannten. Dann erklang ein gedämpftes Plop, und er sackte in sich zusammen, während sein Fell das Blut aufsog, dass plötzlich aus einem kleinen Loch an der Stelle floss, wo eben noch der rote Punkt gewesen war.
Er war tot.
Der Rest der Geschichte ist schnell erzählt. Das Gebäude, in dem ich aufwachte befand sich in dieser Stadt. Ich kämpfte mich durch die Reihe der Rasenden, ah viele Tote und hütete mich vor den Menschen. Meine Fähigkeit Atome zu kontrollieren verbesserte ich, schwor mir jedoch, sie nur im Notfall an zu wenden.
Seit dem sind 10 Jahre vergangen und ich lebe immer noch in dieser gottverlassenen Stadt. Es gibt kaum noch Leben hier… weder Mensch, noch Wolf oder anderes Getier, außer kleinen Hasen, Nagern und dem ein oder anderen Reh, das sich hier hin verirrt und mir für ein paar Tage als Nahrung dient und natürlich… den Rasenden.
Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf, auf noch andere, normale Wölfe zu treffen und so ziehe ich weiter durch die Straßen und erkunde jeden Teil der Stadt, die sich unter einer Decke von Smog über mehrere hundert Kilometer erstreckt…
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